Das am 18. März 2016 geschlossene Abkommen soll die irreguläre Einwanderung von Migranten und Asylsuchenden in die EU verhindern: Flüchtlinge werden von Griechenland in die Türkei zurückgeschickt; im Gegenzug nimmt die EU Syrer auf legalem Weg auf. Eine zweite Debatte hat den Reformprozess der Türkei 2015 und dessen EU-Beitrittsperspektiven zum Thema. Im Fokus dabei stehen vor allem der Zustand der Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit. phoenix-Kommunikation
Flüchtlingsdebatte: Parlament für neues EU-Asylsystem und legale Migrationswege
Ein zentralisiertes EU-Asylsystem würde der Union erlauben, den wachsenden Zustrom von Migranten und Asylsuchenden besser zu verwalten – so steht es in einer Entschließung, die die Abgeordneten am Dienstag verabschiedet haben. Sie fordern darin den Ausbau sicherer und legaler Wege für Angehörige von Drittstaaten, die in die EU einreisen wollen, ohne ihr Leben zu riskieren und auf Schmuggler zurückzugreifen.
In der nichtbindenden Resolution betonen die Abgeordneten, dass mit dem aktuellen EU-Asylsystem die zunehmende Zahl der Migranten nicht bewältigt werden kann. Sie sprechen sich für „eine grundlegende Überarbeitung des Dublin-Systems“ aus und für die Einrichtung einer zentralen Sammlung – und eines zentralen Systems für die Zuteilung – der Asylanträge auf Ebene der Union. Ein solches System könnte „bestimmte Schwellenwerte pro Mitgliedstaat“ vorsehen und auf der Grundlage „vieler Hotspots der EU“ funktionieren, von denen aus die Verteilung in der Union stattfinden sollte.
Die Entschließung der Berichterstatter Roberta Metsola (EVP, MT) und Kashetu Kyenge (S&D, IT), wurde mit 459 Stimmen angenommen, bei 206 Gegenstimmen und 52 Enthaltungen.
Die EU-Kommission erwägt zurzeit eine Überarbeitung der Dublin-III-Verordnung (die festlegt, welcher Mitgliedstaat für die Verarbeitung der Asylanträge zuständig ist) und hat angekündigt, noch vor dem Sommer einen Gesetzesvorschlag vorzulegen.
„Es gibt keine schnelle Lösung für die Migrationskrise, keine Wunderwaffe. Wir brauchen keine weiteren Notlösungen, sondern ein nachhaltiges Konzept für die Zukunft”, sagte Metsola.
„Migration sollte nicht bekämpft, sondern vernünftig verwaltet werden“, so Kyenge, die darauf bestand, dass der europäische Ansatz auf Solidarität und geteilter Verantwortung gründen sollte.
Das Parlament ist der Ansicht, dass der besondere Migrationsdruck, der auf den an den EU-Außengrenzen gelegenen EU-Mitgliedstaaten lastet, durch das derzeitige System nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt wird. Die Abgeordneten fordern Änderungen auf der Grundlage von Fairness, Solidarität, geteilter Verantwortung und zur zügigen Bearbeitung der Anträge.
Umsiedlung und Neuansiedlung
In dem Text werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, ihre Verpflichtungen in Bezug auf die dringenden Umsiedlungsmaßnahmen so schnell wie möglich zu erfüllen. Die Abgeordneten weisen darauf hin, dass bisher nur ein kleiner Teil der 106.000 Asylsuchenden aus Griechenland und Italien umgesiedelt wurde. Hinsichtlich der Neuansiedlungen betont das Parlament, dass die EU „einen verbindlichen und obligatorischen Rechtssetzungsansatz“ benötigt.
Rückführungen
Die Abgeordneten verlangen den Abschluss neuer Rückübernahmeabkommen der EU, die Vorrang vor bilateralen Vereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern haben sollten. Die Rückführung von Migranten sollte aber nur in für sie sichere Länder durchgeführt werden.
Debatte zum EU-Türkei-Abkommen
Am Mittwochmorgen steht die Vereinbarung mit der türkischen Regierung, Migranten und Asylsuchende aus Griechenland zurück in die Türkei zu bringen, im Zentrum einer Debatte mit den Präsidenten von Rat und Kommission Donald Tusk und Jean-Claude Juncker. Auf das Abkommen hatten sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf dem Gipfeltreffen am 18. März mit der Türkei geeinigt.
Laut der Vereinbarung sollen alle Menschen, die irregulär von der Türkei auf die griechischen Inseln gelangt sind, wieder zurückgebracht werden. Im Gegenzug sollen die EU-Länder für jeden syrischen Flüchtling, den die Türkei zurückgenommen hat, einen anderen Syrer auf legalem Wege aufnehmen. Sobald die irregulären Grenzüberquerungen zwischen der Türkei und der EU enden oder zumindest ihre Zahl erheblich und nachhaltig zurückgegangen ist, wird eine Regelung für die freiwillige Aufnahme aus humanitären Gründen aktiviert. Das Abkommen könnte auch eine schnellere Visaliberalisierung für türkische Bürger, die in die EU einreisen, mit sich bringen, wenn Ankara sich an die Bestimmungen hält.
Bewertung der Reformbemühungen der Türkei im Jahr 2015
Im Anschluss an diese Debatte wird das Parlament auch die Reformbemühungen der Türkei im Jahr 2015 im Hinblick auf die EU-Mitgliedschaft mit Erweiterungskommissar Johannes Hahn diskutieren und am Donnerstag eine entsprechende Entschließung verabschieden.
In dem Entwurf steht, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei bei der Migration von den Beitrittsverhandlungen entkoppelt werden sollte. Der Text unterstreicht, in welchen Bereichen die Türkei noch nicht genug Fortschritte gemacht hat, wie zum Beispiel bei der Rechtsstaatlichkeit, der Meinungsfreiheit und den Grundwerten. © Europäische Union