Auch Suu Kyi selbst hat einen Anteil an der Entwicklung. Die Friedensnobelpreisträgerin hat in den vergangenen Jahren eng mit den Generälen zusammengearbeitet und sogar die Massaker an den Rohingya toleriert. Damit hat die einstige Freiheitsikone große Teile ihres internationalen Ansehens verspielt und ihre Position als Gegenspielerin des Militärs geschwächt. Trotz aller Defizite bleibt sie aber die Identifikationsfigur für die demokratischen Kräfte des Landes. Der Westen sollte sie in ihrem neuerlichen Kampf daher nach Kräften unterstützen – auch um China Paroli zu bieten, das autoritäre Entwicklungen in seiner Nachbarschaft nur zu gerne befördert.¹
MTU-Motoren und Maschinengewehre von Rheinmetall in Patrouillenbooten
Myanmars Militär setzt Patrouillenboote ein, die auch mit deutschen Komponenten ausgestattet sind. Eine Greenpeace-Recherche zeigt: Die Antriebseinheiten von insgesamt sechs geplanten Booten stammen von den deutschen Herstellern MTU Friedrichshafen und ZF Friedrichshafen sowie Rolls-Royce, dem britischen Mutterkonzern von MTU. Damit können sie in besonders seichten Gewässern fahren wie in den Flussregionen Myanmars. Zudem sind die Boote vom Typ „Super Dvora MK III“ mit jeweils zwei Maschinengewehren des Typs MG3 ausgestattet, die der deutsche Hersteller Rheinmetall entwickelt hat. Zwei der Boote sind noch nicht ausgeliefert und werden trotz der anhaltenden Gewalt weiterhin gebaut. „Bereits von Beginn der Lieferung an war klar, dass deutsche Spitzentechnik das menschenverachtende Regime in Myanmar stützt und somit zur Gewalt an den Rohingya beiträgt“, sagt Fabian Schwalm, Greenpeace-Sprecher für Waffenexporte. „Hersteller und Bundesregierung müssen die Auslieferung dieser Waffen stoppen.“
Deutsche Exportrichtlinien sind unzureichend
Die ersten zwei dieser Patrouillenboote lieferte der israelische Hersteller 2017 aus, einem Jahr, in dem das Militär erneut brutal gegen die Zivilbevölkerung vorging. Millionen Rohingya mussten ihre angestammte Heimat verlassen; Hunderttausende wurden getötet oder vergewaltigt. Zwei weitere Boote folgten 2019. Aufgrund der jahrzehntelangen Menschenrechtsverletzungen besteht seit 1991 ein EU-Rüstungsembargo für Myanmar. Die Bootsantriebe durften jedoch ohne deutsche Genehmigung nach Myanmar exportiert werden: Die hochspezialisierten Motoren des Typs MTU 12V-4000 verkaufte MTU an den israelischen Hersteller IAI (Israel Aerospace Industries), der die Patrouillenboote an das Militär lieferte.
Für die Maschinengewehre vergab Rheinmetall bereits in den 1960er-Jahren Produktionslizenzen im Ausland. In den deutschen Rüstungsexportstatistiken erscheinen sie somit erst gar nicht, auch wenn sie erst kürzlich produziert wurden und in Booten wie denen in Myanmar verbaut werden. „Deutschland hat keine weiße Weste. Es liefert Rüstungsgüter in Krisenregionen wie Myanmar. Vielmehr nutzen deutsche Rüstungskonzerne Schlupflöcher, um weiterhin Profite über das Wohl der Menschen zu stellen“, sagt Schwalm.
UN-Berichte (Download: https://bit.ly/3u88b0o) belegen, dass Myanmars Marine auch Boote für ethnische Tötungen und den Völkermord an den Rohingya einsetzte. Die Friedens- und Umweltschutzorganisation Greenpeace verurteilt den Export deutscher Rüstungstechnik nach Myanmar und fordert ein Gesetz, das sämtliche Rüstungsexporte außerhalb der EU oder EU-gleichgestellter Länder sowie in sämtliche Kriegs- und Krisengebiete konsequent verbietet.²
¹Rhein-Neckar-Zeitung ²Original-Content von: Greenpeace e.V.